Die Dame und Besitzerin des Hostals San Cristobal meint, dass es eigentlich relativ laut ist hier oben am Berg, knapp unter dem Cristo Blanco, der weissen Jesus Statue. Im Moment ist jedoch nichts zu hoeren, friedlich liegt Cusco unter uns, die Plaza de Armas ist fast leer, nur einige Wenige sind Sonntag frueh unterwegs.
Blick vom Hostal
Was sie genau meint, merken wir ca. 30 Minuten spaeter, als puenktlich um 10 Uhr die Boeller knallen und am Plaza dei Regocijo die erste Blasmusikkapelle zu spielen beginnt. Von der Terasse ist alles gut zu hoeren und wir verfolgen beim ueblichen Fruehstueck mit Broetchen, Butter und Marmelade, dazu Mate de Coca, den ersten Umzug zum Hauptplatz und zur Kathedrale von Cusco.
Cusco oder vielmehr Qosqo, wie die Hauptstadt in der Inkasprache Quechua hiess. Cusco ist die fast 700 Jahre alte Hauptstadt der Inkas und zum Glueck erinnern immer noch Inka Fundamente in der typischen Bauweise an die glorreiche Vergangenheit. Es ist eine in Brauntoene getauchte Stadt zwischen sanften, bis rauf auf die Schraegen besiedelte Huegel. Auf 3400 Meter Seehoehe.
Schon auf der Fahrt im Bus hierher war der Gang auf die Toilette mit schwerem Atem verbunden. Warum klaert ein kurzer Blick auf das GPS, zwei Paesse ueber 4500 Meter! Einige leiden schon auf der Fahrt nach Cusco an Hoehenkrankheit, der Geruch des Klos ist etwas beissend.
Am besten Nase zu und Augen auf.
Die Landschaft war umso schoener...
Dass Cusco mit 3400 Meter nur ein kleines Vorspiel ist, erfahren wir spaeter, unsere folgenden Etappen wie Titikaka See liegen auf 3800 Meter, La Paz oder zum Beispiel Potosi auf ueber 4000...mal sehen, wie es uns ergehen wird.
Die Strassen von Cusco bringen uns in jedem Fall schon mal zum Schnaufen.
Als der Umzug - der inzwischen drei Kapellen, alle spielen wild durcheinander - auf dem Hauptplatz ankommen ist, ist dieser inzwischen sehr gut gefuellt. Aber nicht nur Touristen sehen sich das Spektakel an, wenn Duzende in bunte Kostueme gekleidete Peruaner tanzend ueber die Strassen schaukeln. Alt und Jung ist auf den Beinen und als die Kirche zu Ende ist, ist der Platz dicht gefuellt mit Menschen, ueberall der Andenbewohner typische Trachten.
Obwohl 89 Prozent offiziell roemisch katholisch ist, glaubt die Mehrheit der Bevoelkerung nach wie vor an die alten Gottheiten und Gebraeuche, die noch aus der Inkazeit stammen. Daraus ist eine wilde Mischung aus Heiligen- und Natur-Verehrung entstanden.
Wir mischen uns ein wenig unters Volk und machen uns schlau, wie wir Machu Picchu - die verlorene Stadt - am besten erreichen.
Mapi - kurz fuer Machu Picchu - ist ueber unterschiedliche Touren zu erreichen. Wir ueberlegen lange, ob wir den Trek ohne Guide wagen sollen, entscheiden uns dann aber doch fuer eine gefuehrte Tour ueber den Salkantay Pass. Die maximale Hoehe, die wir ueberschreiten muessen, ist 4650 Meter. Das war uns dann allein zu zweit doch zu viel.
Die Gruppe, mit der wir unterwegs sind, ist groesser als erhofft und vor allem angekuendigt, insgesamt sind wir 21 Mann aus aller Herren Laender. Obwohl wir eine kleinere Gruppe bevorzugen wuerden, werden die naechsten fuenf Tage sehr nett. Die gemeinsamen Strapazen und Erlebnisse verbinden.
Am ersten Tag geht es vom Dorf Mollepata durch staubtrockenes Gelaende, ueber sehr steile Bergkuppeln bis zum ersten Camp Soraypampa auf 3900 Meter.
Das erste Camp
Der Salkantay Pass am zweiten Tag ist die Koenigsetappe. Gestartet wird um 5:30h, wir werden mit heissem Coca Tee geweckt. Unsere Schlafsaecke haben uns bei minus fuenf Grad auch nicht im Stich gelassen. Wir sind zwar noch muede, aber einigermassen ausgeschlafen.
Coca ist in den Anden eine der wichtigsten Pflanzen, neben Mais und den ca. 4000 dokumentierten Kartoffelsorten. Ohne zu Kokain verarbeitet zu werden, werden die (getrockneten) Blaetter gekaut, oder wie wir es machen, in heissem Wasser als Tee getrunken. Uns schmeckt der Tee ausgezeichnet, berauscht fuehlen wir uns aber nicht. Da wir uns aber beide in der Hoehe sehr gut fuehlen, scheint der Tee gegen Hoehenkrankheit zu wirken und wird entsprechend empfohlen.
Die getrockneten Blaetter kann man ansonsten an jeder Ecke kaufen. Sie werden a 50 Stueck in den Mund gesteckt und der Saft mit Speichel vermengt machen dann den Rest. Keine Angst, wir bleiben beim Tee.
(Laut einer Zeitungsueberschrift, die wir in Cusco lesen, exportiert Peru aktuell uebrigens inzwischen mehr Coca als Kolumbien.)
Der Trek zum Salkantay ist anstraengend, die Landschaft drumherum atemberaubend.
Nach 6 Stunden bergaufwaerts erreichen wir den Pass.
Juhuu, geschafft!
Die Nachwuchspumas - Salkantay Pass 2009, 18 August
Danch geht es einige Stunden bergab,der sehr lange Tag geht mit einer kleinen Feier im Camp mit Bier nach 16h auf den Beinen zu Ende.
Das zweite Camp
Der dritte Tag ist ein langer Spaziergang durch Berg und Andendschungel. Spannend ist das nebeneinander der vielen unterschiedlichen Vegetations Gebiete. Eben noch trockene Hochebene, 100m tiefer Bergdschungel mit Orchideen, Avokados, Passionsfrucht und Bananen. Gleichzeitig leuchten noch die Gletscher von oben.
Der Abend wird zum Wohlfühlerlebnis, da wir in Santa Teresa die heissen Quellen besuchen. Bei einer Wassertemperatur von 27-32 Grad und heissen Duschen ein Traum!
Abends in der Therme
Der letzte Tag vor Mapi ist unspektakulaer, wir laufen an den Bahngleisen durch den Berg-Dschungel bis Aguas Calientes, Ausgangspunkt zum Mapi Aufstieg. Wer uebrigens mit dem Hiram Bingham Sonderzug aus Cusco anreisen will, muss 500 USD tief in die Tasche greifen.
Spannend ist die Frage, wann wir am naechsten Morgen aufstehen, um rechtzeitig die begehrten Tickets auf den Wayna Picchu (Wapi) zu erlangen, den Berg gegenueber den Ruinen von Mapi.
Mit vier anderen Mitreisenden machen wir uns um halb vier auf den Weg. Hinter uns liegen vier Tage und rund 75 km, vor uns liegen 1,5 Stunden Stufen bis zum Mapi-Eingang - die ersten 200 Gluecklichen erhalten auf Wunsch die Zusatztickets fuer Wapi. Wer mit den ersten Bussen um 6h eintrifft, geht leer aus.
(Wobei, so laeuft das auch nicht ganz, irgendwie kommt man auch so rauf und um ehrlich zu sein lohnen sich die weitere Stunde extrem steiler Aufstieg und unbedingter Schwindelfreiheit nur bedingt. Der Blick von der anderen Seite auf Mapi ist viel schoener.
Vor dem Eingang die Nr 16 und 17 ;-)
Der bekannte Blick auf Mapi, ja, wir waren da!!!
Auch auf dem Wayna Picchu, das Hellgraue rechts hinten ist Machu Picchu
Die Ruinen selbst sind zwar nicht soo aufregend, aber der Ort und die Art und Weise wie die Felsen gehauen wurden - jeder Stein passt haargenau auf den anderen - ist sehr beeindruckend. Wir erfahren neben der Geschichte von Mapi und der Inkas auch einiges ueber dessen Entdecker Hiram Bingham. (Melanie ist mit seinem Buch auch schon fast durch...)
Mel mit neuen Haustieren
Einen Blick auf Mapi hatten wir aber vorher noch nie gesehen bzw. hat uns niemand darauf aufmerksam gemacht.
. . .
;-)
Schon irgendwie unheimlich, wenn man bedenkt, wie viele Faktoren zusammenspielen muessen, dass ein Berg fuer eine Stadt der Inkas geeignet ist (Wasser, Lage, Fels...) Und dann auch noch sowas... ;-) Wobei... ;-)
Die Inka Welt ist ohnehin vollgepackt mit mystischen Zeichen und Symbolen. So wird zum Beispiel immer noch vor dem Essen oder Trinken ein kleines Opfer gebracht. Der erste Tropfen des Bieres geht an Pachamama, sowas wie Mutter Erde. Pachapapa ist natuerlich auch mit dabei. Taita Inti ist der Sonnengott und wird in Form einer Spirale dargestellt. Zufall, wer an unsere Milchstrasse denkt...
Die Inka-Dreifaltigkeit wird symbolisiert durch den Condor , den Puma und die Schlange, uebereinander wie die Bremer Stadtmusikanten. Diese Symbolik findet man auch im Kreuz der Anden (4 x 3 Ecken = 12 sind zugleich die Monate), in dessen Zentrum durch einen Kreis - wie sollte es anders sein - Qosqo steht. Ansonsten praegt die Inkas noch der Dualismus wie zum Beispiel "kein Licht ohne Schatten" - kein Dings ohne Dings sozusagen.
Nach Mapi machen wir zwei noch Halt in Ollantaytambo, einem orginalerhaltenem Inkadorf im heiligen Tal. Ein wunderschoener Ort.
Die schoenen Inka Ruinen von Oll'tambo
Die lokalen Fotomodelle beim Posen
Zurueck in Cusco schlendern wir noch zum Cristo Blanco und das sehr nette Viertel San Blas. Mit hervorragenden Papas und exzellentem Wein im Resto Pachapapa verabschieden wir uns von Cusco.
Meerschweinchen zaehlen in den Anden zu den lokalen Spezialitaeten, wir haben keines gegessen, nur Alpaca.
Bei den Getränken bleiben wir uns treu ;-)
Es geht jetzt bald weiter nach Bolivien, ueber den Titicaca See nach La Paz.
Wir freuen uns schon sehr, Bolivien wird wohl mehr Zeit in Anspruch nehmen als geplant... 8-)