Wir sind nicht lange in Rwanda. Es werden maximal sieben Tage werden. Fuer einen laengeren Aufenthalt haette Juergen um ein Visum 'ansuchen' muessen, das wussten wir leider nicht. Deutsche brauchen kein Visum und es hiess fuer andere Nationalitaeten gibts eins direkt an der Grenze, das war leider nicht so. So sind es sieben Tage, die aber reichen sollten, Gorillas haben wir ja schon gesehen.
Rwanda erstaunt uns. Es ist das sauberste, ordentlichste und zumindest von den Gebaeuden her das entwickeltste Land, das wir bisher in Afrika (ok, erst das dritte Land ;-)) besucht haben. Und das geordnetste.
Da hat aber jemand ein ziemlich schlechtes Gewissen. Zu Recht.
Alle haben 1994 trotz Berichten und detaillierten UN internen Vorwarnungen zugeguckt, als 1. Mio. Menschen umgebracht wurden.
Was man heute hier so sieht ist kaum zu glauben, nach nur 15 Jahren 'friedlichem' Zusammenleben zwischen 'Tutsi' und 'Hutu'. Es ist im uebrigen kein ethnisches Problem in dem Sinn gewesen - ein Stamm gegen den anderen - sondern vielmehr politisch motivierter Hass und entwickelte Ungerechtigkeit zwischen arm gegen reich. Tutsi waren die mit mehr als zehn Kühen, Hutus die mit weniger. Das funktionierte gut, jeder konnte zum Tutsi werden und wenns nicht so gut lief, jeder zum Hutu. Den Rassismus haben die Kolonialmaechte eingefuehrt - hier Belgien. Der wurde dann in der Gesellschaft weiter gepusht, bis die gezuechtete Ungerechtigkeit ueberlief, die Belgier das Camp von Tutsibefuerwortern zu den ueberzaehligen Hutus wechselte und das im Genozid endete. Hatten wir so von der Berichterstattung nicht mehr genau im Kopf, sicher auch gut im Internet recherchierbar. Es war wie auch immer eines der schlimmsten Ereignisse der letzten Jahrzehnte und unvorstellbar, was hier im Land passiert ist. Das Kigali Memorial Center gibt einen guten und erschuetternden Ueberblick. Die weiteren Gedenkstaetten wie die in Gikongoro weiter im Sueden, in der wir die aus den Massengraebern exhumierten und aus gepudertem Kalk erhaltenen Koerper betrachten, lassen erahnen, was Grausames passiert ist.
Umso erstaunlicher ist, wie sich das Land entwickelt hat. Es ist, als wuerden so um 1960 herum Deutsche und Juden friedlich und vernuenftig zusammenleben, ihren Geschaeften nachgehen.
Wie das hier funktioniert, kann uns keiner so recht erklaeren. Dazu muss man wahrscheinlich Rwander (die Regierung ist sehr bemueht den Begriff zu etablieren) sein. In Gikongoro haben wir eine sehr private Fuehrung des 30jaehrigen Managers, der uns sehr persoenliche Eindruecke der Zeit vor 15 Jahren und des heutigen Zusammenlebens gibt. Letzteres ist sehr schwierig, fuer beide Seiten. Ihm selbst ist es zum Beispiel untersagt, das Memorial in seiner Heimatstadt (in der er damals ueberlebt hat und noch heute alle Leute kennt) zu leiten, weil befuerchtet wird, dass neuer Hass aufkommt und verbreitet werden koennte. In den Schulen oder besser nach der 10. Klasse hat jeder ein zweimonatiges `solidarity camp´ zu absolvieren, in dem Toleranz und `Rwander sein´ gelehrt wird. Seitens der Regierung wird so viel in diese Richtung getan, dass Rwanda und die Rwander manchmal fast steril rueberkommen.
Die Angeklagten- es sind ueber 100.000- werden groesstenteils mittels Dorfgericht verurteilt. Das ist dann eine direkte Konfrontation von Taetern und Opfern bzw. Hinterbliebenen. Und taeglich kann man in den Zeitungen ueber Gerichtsurteile und Faelle lesen. Oft sieht man die in rosa gekleideten Gefangenen bei Sozialarbeit in den Staedten. Es ist ein komisches Gefuehl, wenn man an den Jungs vorbeigeht, wenn sie beim Baumfaellen ihre Macheten schwingen...
Das Hotel Milles Collins, besser bekannt unter dem Namen Hotel Rwanda. (Leute baden heute wieder im Pool...)
So sehr das Land auch jetzt noch leidet, viel westliches Geld hat zu einer beachtlichen Entwicklung gefuehrt. So beachtlich, dass es in Kigali westliche Preise und Standards gibt.
Wie sowas markttechnisch funktioniert, ist uns ein Raetsel. Das Land ist aehnlich arm wie der Rest Ostafrikas und trotzdem kostet die Banane an der Strasse das Dreifache!? Bitten um Erklaerung!
Wie sich das die Leute bei durchschnittlich 315 USD jaehrlichem Pro-Kopf Einkommen und durchschnittlich 5,5 Kindern leisten koennen, auch unklar.
Der erste Springbrunnen mit Wasser, den wir in Afrika sehen, dahinter das Hotel 'Des Mille Collines'.
Kigali ist mit ca. 1 Mio Einwohnern die groesste Stadt Rwandas, der Rest lebt in Provinzstaedten, der Grossteil auf dem Land. Richtige Jobs gibt es kaum und wenn, sind sie nicht gut bezahlt. Die `Normalsterblichen´ ueberleben dank Arbeit auf ihren eigenen Feldern, anders geht es kaum.
Und entsprechend sieht das `Land of a thousand hills´ aus. Die huegelige Landschaft ist wirklich beeindruckend und den aeltesten Regenwald der Welt rund um Nyungwe gibt es noch, aber das Land ist abgeholzt, besteht aus Feldern und bewirtschafteten Terrassen fuer die immer groesser werdende Bevoelkerung, die sich schon heute mit 10 Millionen auf knappen 26 Quadratkilometern in dem am dichtesten besiedelten ruralen Gebiet der Erde bewegt.
Nach zwei Tagen Kigali zieht es uns wieder aufs Land, grosse Staedte sind nicht mehr so unseres.
Wir fahren in den Sueden in die alte Hauptstadt Huye (Butare) und in den Nationalpark Nyungwe.
Der geplante Parkaufenthalt klappt nicht so wie gedacht. Leider weiss niemand so genau wo der Parkeingang ist und so fahren wir - auch mangels Beschilderung- zwei Mal mit dem Bus dran vorbei...ohne Auto ist es in der Tat etwas schwierig hier und was sollen wir sagen, die Leute hier wissen es auch nicht.
Die Fahrten durch den Regenwald sind aber trotzdem schoen und so haben wir auch Lake Kivu an der Grenze zum Kongo gesehen.
Lake Kivu und Kamembe
Deutschland hat ja auch eine Menge Geld in das Land gebracht, damit wieder einigermaßen alles funktioniert. Da gibt es doch auch an jeder Ecke ein Schild, wer irgendetwas gespendet oder finanziert hat. Aber schön wars und isses dort schon.
AntwortenLöschenIhr habt gar kein Bild von den 1000 Hügeln eingestellt. Da müssen die Leute wohl auf meine Seite gehen. ;-)
Schlaft schön und vielleicht bis morgen.