Sojorner Map

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Unsere Route

Montag, 7. September 2009

Die alte Hauptstadt

Wir verlassen La Paz in Richtung Sueden. Der Nachtbus fuehrt uns 12h durch Bergwueste und Canyons nach Sucre. Die Busse in Bolivien sind schon etwas anders als das, was wir bisher so gewohnt sind, aber es gibt auch hier bessere „Cama“-Busse fuer sehr wenig Geld. Wir haben extra die “Halbschlafversion” genommen :-). Nach einer Stunde Fahrt- es ist Samstag Abend und ganz schoen viel los, wobei sich auch an normalen Tagen die zum Teil alten Autos und die zur Gaenze uralten Busse nur sehr sehr langsam durch die Stadt quaelen - bleiben wir in El Alto stehen. Wir sind leider auf dem Weg nach Sucre nur bis in die Vorstadt gekommen. Da kommt der Ersatzbus… und damit verschwindet leider auch der Komfort unseres Busses. Bei zurueckgeklappten Sitzen ist jetzt jeder so eingepfercht, dass keine Bewegung mehr moeglich ist. Zusaetzlich gibt es ein Wirrwar, da die Plaetze im zweiten Bus natuerlich nicht 1:1 zum eigentlichen passen - 2h Verspaetung mit einem Film aus der schlechtesten und kitschigsten US-Produktion – „Fireproof“, der Ton der TV-Lautsprecher ist auch durch Ohrstoepsel zu hoeren.

Wir sind ja inzwischen einiges gewohnt an Land und Leuten, aber der gemeine Bolivianer hat es nicht so mit der Koerperhygiene… spaeter auf dem Land im Minibus wird es ganz schlimm. Dazu mehr weiter unten.

Jedenfalls ist die Luft im Bus inzwischen . . . und den Rest verbirgt zum Glueck die finstere Nacht (Bus ohne Toilette uebrigens ;-)

Schlaflos kommen wir in Sucre an.

Sucre ist die alte Hauptstadt Boliviens. Simon Bolivar war es, der 1825 dem Land seinen Namen gegeben hat und es als „Alto-Peru“ von den Spaniern befreit hat. Marschall Juan Antonio Sucre hat sich im Namen der Stadt verewigt.
Sucre wird auch die weisse Stadt genannt und mit etwas suedamerikanischer Coca-Fantasie kommt das auch gut hin! Die “ciudad blanca”, immer noch konstitutionelle Hauptstadt Boliviens, hat ihren kolonialen Charme erhalten, von der Plaza de Armas bis in die kleinsten Ecken der Stadt, alles sehr gut erhalten oder renoviert. Schoener Hauptplatz, schoene Gassen und alte im Kolonialstil gehaltene Haeuser. Wir fuehlen uns hier richtig wohl und das Angebot an Museen und Kultur tut den Rest dazu.

Sucre von oben

Frueshtuecks Resto

In Sucre laesst es sich auch wunderbar schlaemmen. Zum Beispiel mit frischem Schweinsbraten-Sandwich vom Markt, riesen Fleischspiessen im Resto, oder „Pique a lo Macho“ - ein Fleisch-Pommes-Tomaten-Zwiebel-Mischmasch, sehr lecker. Nur das harte Ei drauf hat Jürgen drei Tage gequaelt. Die sehr leckeren, aber dann doch nicht magenschonenden Saltenas am naechsten Morgen haben nicht geholfen, trockene Broetchen und Kamillentee aus der Plastiktuete (natuerlich auch vom Markt) am uebernaechsten Morgen dann ein wenig.

Ansonsten sind die Museen wie erwaehnt sehr zu empfehlen (insbesondere die Casa de la Libertad, oder dannein bisschen weniger das Militär Museum - der Guide rattert Kaliber und Schussweite der ca. 100 Waffen in einem Wahnsinnstempo runter, MG maessig. Wir lernen aber mit welcher Waffe Che Guevara getoetet wurden. Ok, muss man nicht wissen, aber … Aeh, welche es war? Wir habens vergessen…), wir lernen viel über die Geschichte Boliviens und Suedamerikas, vor allem auch ueber die Befreiung des Landes und damit ueber den Geist, der in Bolivien herrscht.

Wir sind auch fast genau richtig zum Fest der heiligen Jungfrau von Guadelupe, das Fest schlechthin in Sucre. Aus ganz Bolivien kommen Festzuege. Jeden Abend wird in der Stadt “geprobt”. Das bedeutet Feuerwerk (samt brennender Palme), Musikkapellen, Konzerte und Umzuege mit geschmueckten Autos.

Das Auto steckt da irgendwo drunter… huebsch, oder?

Ein kurzer Ausflug zum groessten Textilmarkt in Bolivien - in Tarabuco - macht auch nochmal richtig Lust auf mehr. Zwar nicht was Shopping betrifft, dafuer aber bezueglich Minibusfahrten aufs Land.

Wir sitzen ganz hinten rechts. Neben Juergen ein freundlicher Mann, auf seinem Schoss sein kleiner Sohn, dessen hellgraue Jogginghose im Schritt dunkelgrau ist. Vor Melanie ein sehr alter Mann, der Staub auf seinem Pullunder sieht aus wie eingebrannt, sein Hut ist nicht besser. Er kaut Unmengen an Cocablaettern, die Reste pult er sich mit seinen tiefgelben Fingerkuppen aus den schwarzen Stuempfen seiner noch vorhandenen Zaehne. Daneben der leere Gang, nicht lang, dann sitzt ein junges Maedchen dort, das sich etwas irritiert umsieht, als das Baby hinter ihr mit seinen Lolly verklebten Fingern immer nach seinen Haaren greift.Der Lolly faellt auf den Boden, macht nichts, zurueck damit in den Mund. Es ist warm im Bus, und es wird immer waermer. Das Paar mit dem Baby war wohl auf einer Party. Als der Mann seinen Muetze kurz abnimmt, um sich die fettigen Haare zu lueften, rieseln Unmengen an Konfetti (?) durch die Luft, einige bleiben am Lolly kleben. Dem Baby wird auch warm - kein Wunder - so viel Schichten braucht kein Mensch, auch nicht in den Bergen von Tarabuco. Dann faengt es an zu schreien. Vor Hitze? Nein, Mami packt erst Brust 1 und dann Brust 2 aus, bleibt auch nach dem Stillen mit offenen Bruesten sitzen. Naja, wir sind ja bald da, es ist nicht zu warm und geruchstechnisch sind wir gut dabei. Unterwegs steigt dann noch eine halbe Jungenfussballmannschaft nach dem Training ein, es ist ja noch Platz. Mittlerweile sind wir 23 im Minibus (Sitzplaetze gibt es 12!. Am besten gefaellt uns jedoch die Busmanagerin ganz vorn links. Sie sitzt zu den Fahrgaesten gewendet und platziert die neuen Mitfahrer. Allerdings sieht sie nur die Haelfte. Unter ihrer schon sehr dunklen Sonnenbrille verdeckt sie ein Auge mit einem uebergrossen weissen Taschentuch. Mit dem anderen Auge schaut sie meistens aus dem Fenster. Das einzige, was zwischendurch fuer ein paar Sekunden geoeffnet wird. Hilft aber nichts, die Gerueche ziehen nach hinten, die frische Luft bleibt vorn.

Guck nicht so, es gibt gleich was zu Essen!

Wir sind froh wieder in Sucre zu sein. Am Recoleta oben ueber der Stadt weht ein frischer Wind und der Ausblick ist herrlich.
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